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Erklärung des Landeskirchenrates der Lippischen Landeskirche aus Anlaß der Änderung der Verfassung der Lippischen Landeskirche, Nov. 98

Gott hält Israel die Treue

1. Als jüdische Menschen in Deutschland unter den Augen der Öffentlichkeit und dann von dem Staat selbst diffamiert, ausgegrenzt, vertrieben, gemordet, und als in Deutschland jüdische Synagogen geplündert und verbrannt wurden, fehlte unserer Kirche Einsicht, Mut und Entschlossenheit, sich gegen Unrecht, Willkür, Menschenverachtung und die offene Mißachtung von Gottes Gebot zu stellen. Wiewohl es die Bereitschaft Einzelner gab, einzelne jüdische Mitmenschen zu schützen, wiewohl es christliche Stimmen gab, die gegen den Ungeist Zeugnis ablegten, ist unsere Kirche nicht öffentlich und wirksam für die Verfolgten eingetreten.

2. Dieses Versagen hat seinen tieferen Grund darin, daß christliche Auslegung der Heiligen Schrift, daß Theologie und Praxis des christlichen Glaubens antijüdische Elemente, offenen und latenten Antisemitismus tradiert und gelebt haben. So fehlte es an der Bereitschaft und Kraft, dem offenen und mörderischen Antisemitismus in diesem Jahrhundert zu widerstehen. Auch nach dem Krieg hat es lange gedauert, bis das Verhalten der Kirchen und ihrer Einrichtungen gründlich erforscht und ihr Versagen konkret und öffentlich benannt wurde.

3. Im Verständnis Jesu Christi und in der Auslegung der Heiligen Schrift gibt es bleibende und grundlegende Unterschiede zwischen Christen und Juden. Dennoch setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, daß christliche Theologie und Glaubensverkündigung im innersten Kern Schaden nehmen, wenn sie nicht auch auf das Glaubenszeugnis Israels hören und die besondere Liebe Gottes zu seinem ersterwählten Volk verschweigen. Nur langsam gelingt es, im Licht des biblischen Zeugnisses das Verhältnis der Kirche zu Israel angemessen zu bestimmen.

4. In der Erfahrung der besonderen Schuld, die Christen und auch unsere Kirche in unserem Land gegenüber den jüdischen Mitmenschen und gegenüber dem Volk Israel insgesamt auf sich geladen haben, und in der theologischen Erkenntnis, die aus dem Hören auf das Zeugnis der Heiligen Schrift im Alten und Neuen Testament erwächst, ist es heute notwendig und an der Zeit, in der Verfassung unserer Kirche dort, wo die Glaubensgrundlagen bekannt werden, festzuhalten, daß Gott dem Volk Israel die Treue hält. Es gilt weiterhin, mit Takt und Aufmerksamkeit um Gespräche und Begegnungen mit Jüdinnen und Juden bemüht zu sein. Detmold, den 04. November 1998

Die 31. ordentliche Landessynode hat in ihrer Sitzung am 24. November 1998 die novellierte Verfassung der Lippischen Landeskirche beschlossen, die hiermit verkündet wird:

Präambel

Erbaut auf dem Grunde der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist.

Gegründet in der Botschaft der Heiligen Schrift, wie sie im Alten und Neuen Testament bewahrt, in den altkirchlichen Glaubensbekenntnissen ausgesagt, im Bekenntnis der Reformation in neuer Klarheit ans Licht getreten und durch die Theologische Erklärung der Bekenntnissynode von Barmen als Wegweisung für die angefochtene Kirche gedeutet ist.

Getreu dem Bekenntnis zu Gott, dem Vater, der die Welt aus nichts erschaffen und sein Volk Israel erwählt hat und ihm die Treue hält, zu Jesus Christus, dem gekreuzigten und auferstandenen Sohn Gottes, der wiederkommen und sein Reich vollenden wird, und zu dem Heiligen Geist, der lebendig macht und alle Grenzen schenkt gibt sich die Lippische Landeskirche diese Verfassung.